AXA erobert einen Blue Ocean in der Pflege.

Menschen wünschen sich flexible und individuell gestaltbare Absicherungen sowie vor allem eine Unterstützung im Ernstfall. Hier sind die Versicherer gefordert geeignete Lösungen zu schaffen, die für die Kunden klar und nachvollziehbar sind.

(Leiter Geschäfts- und Produktpolitik AXA Krankenversicherung)

Da der Pflegebereich künftig ein immer wichtigerer Bestandteil der privaten Vorsorge sein wird, hat der Versicherungskonzern AXA eine eigene Welt für diese Thematik ins Leben gerufen: die AXA Pflegewelt. Das Internetportal liefert Informationen und Angebote rund um die Pflege und ist Ratgeber und Helfer in diesem sensiblen Bereich. Bereits 2010 wurde dieses Vorreitermodell ins Leben gerufen und AXA setzt seitdem komplett auf eine umfassende Content Marketing Strategy – ohne explizit auf den Produktverkauf abzuzielen, was für einen Versicherer völlig ungewöhnlich ist.

Unter www.axa-pflegewelt.de lassen sich verschiedene Themengebiete abrufen – von der richtigen Vorsorge mit einer gesunden Ernährung und regelmäßiger Bewegung über Pflegeformen und Varianten der gesetzlichen Pflegeversicherung bis hin zu einem Ratgeberteil mit Tipps und weiterführenden Links (AXA 2015a). Die neue AXA Pflegewelt versteht sich als integrierte Informationsplattform rund um das Thema Pflegebedürftigkeit und bietet Zugang zu ca. 150 Seiten Internetinhalt. „Mit dem neuen Online-Pflegeportal haben unsere Kunden sowie die breite Öffentlichkeit Zugang zu leicht verständlichen und umfassenden Informationen. Im Vordergrund steht der praktische Nutzen der Informationen für Pflegebedürftige, pflegende Angehörige und Menschen, die sich vorsorglich mit dem Thema vertraut machen möchten“ (Vorstand der AXA Krankenversicherung). Das Portal www.axa-pflegewelt.de bietet auf der Startseite drei Schwerpunktthemen an: „Erste Schritte im Pflegefall“, „PflegeTIPP“ und „Bleiben Sie gesund“. Persönlich gestaltete Videoelemente führen durch die Website. Es gibt hilfreiche Tipps zu präventiven Maßnahmen, wichtigen rechtlichen Aspekten und möglichen Wohnformen. Pflegende Angehörige können sich über die verschiedenen Arten der Pflege, Pflegeschulungen, wichtige Anlaufstellen oder Selbsthilfegruppen zum Austausch mit anderen Betroffenen informieren. Zudem beinhaltet die Pflegewelt von AXA allgemeinverständliche Darstellungen der Pflegereform, Pflegepflichtversicherung sowie der verschiedenen Arten der Pflegezusatzversicherung. Forschungsergebnisse und die zehn goldenen Regeln für ein gesundes Älterwerden runden die Inhalte der AXA Pflegewelt ab (Versicherung2 2015).

Auch zu den Fragen „Wie lässt sich eine Wohnung mit einfachen Mitteln pflegegerechter gestalten?“, „Und welche Kriterien helfen dabei zu entscheiden, ob ein hilfsbedürftiger Mensch auch zu Hause gepflegt werden kann?“ finden pflegende Angehörige, Fachpersonal, Pflegebedürftige und alle Interessierten Antworten im Pflegeforum. Dabei können sie nicht nur auf die persönlichen Erfahrungen vieler weiterer Nutzer zurückgreifen, sondern sich auch auf AXA als kompetenten Gesprächspartner verlassen. Die Moderatorenrolle wird wie folgt erklärt: „Wir werden in unserem Pflegeforum nicht nur konkrete Nutzerfragen beantworten, sondern auch selbst Diskussionen mit eigenen Beiträgen anregen“. Auch kritische Anmerkungen seien durchaus erwünscht, „denn dadurch kommen fruchtbare Diskussionen rund um die Themen Pflege und Pflegeversicherung zustande, die uns helfen, die Betroffenen noch besser zu verstehen und zu unterstützen“ (My Experten 2015). Die positive Entwicklung der AXA Pflegewelt spiegelt sich auch in den Website-Besuchern (Unique Visitors) und in den Seitenaufrufen wider. In der Abb. 12.1 ist der Zeitraum der Jahre 2010 bis 2014 dargestellt.

Abb. 12.1 Entwicklung Unique Visitors und Seitenaufrufe von 2010 bis 2014

Ausgangssituation

Aggressive Konkurrenz, komplexe Produkte, sich verändernde Kundenwünsche und steigende regulatorische Anforderungen. So zeichnet sich der Markt für Versicherungen aus. Als Versicherungskonzern muss man sich frühzeitig mit einem differenzierten Angebot von der Konkurrenz absetzen – dies gilt für etablierte wie auch für neu entstehende Produktmärkte. Einer dieser neuen Märkte entstand vor einigen Jahren durch die private Pflegezusatzversicherung.

Unterschied Pflegeversicherung / Pflegezusatzversicherung

Nach der Kranken-, Unfall-, Renten- und Arbeitslosenversicherung ist die im Jahr 1995 eingeführte Pflegeversicherung die fünfte Säule des Sozialversicherungssystems (Ärztezeitung 2015). Die Inhalte der Pflegeversicherung sind im 11. Buch des Sozialgesetzbuches geregelt.

Der Beitragssatz beträgt 1,7 % (Kinderlose zahlen einen Aufschlag von 0,25 Prozentpunkten) (Ärztezeitung 2015). Im Jahr 2007 lagen die Ausgaben bei etwa 17,45 Mrd. EUR1 (Abb. 12.2). Das Gesetz sieht vor, dass jeder Bürger in Deutschland eine Pflegeversicherung besitzt. Die meisten Menschen sind über die Gesetzliche Pflegeversicherung abgesichert. Versicherte mit einer Privaten Krankenversicherung hingegen sind nicht in der Gesetzlichen Pflegeversicherung, sondern müssen dafür die Pflegepflichtversicherung abschließen. Von den Leistungen her sind die Gesetzliche und Private Pflegeversicherung aber identisch. Da die Leistungen der Pflichtversicherung oder Gesetzlichen Versicherung nicht ausreichen, kann eine Pflegezusatzversicherung abgeschlossen werden. Diese leistet zusätzlich zu der Pflegeversicherung und ergänzt diese. Diese Pflegezusatzversicherungen bieten ein pauschales Monatsgeld, welches dann frei zur Verfügung steht. So können Versicherte bzw. Angehörige entscheiden, wie das Geld verwendet werden soll (Versicherungsmagazin 2015). Bei der Pflegezusatzversicherung handelt es sich also um ein sinnvolles, aber zum damaligen Zeitpunkt recht komplexes und damit für Privatkunden wenig attraktives Angebot. Doch mit einer alternden Gesellschaft wird auch das Thema der Pflege immer wichtiger, der Markt wächst.

Herausforderungen im Pflegezusatz-versicherungsmarkt

AXA hatte sich 2009 zum Ziel gesetzt, die Marktführerschaft im Bereich der privaten Pflegezusatzversicherungen zu erreichen. Um dieses ambitionierte Ziel zu realisieren, setzte der Versicherungskonzern – mit Unterstützung des Anwendungsspezialisten Holger Trautmann und seinem Team – die Blue-Ocean-Strategy®-Methode ein. Bevor das Vorgehen im Rahmen des Projektes auf den nächsten Seiten näher beschrieben wird, soll zunächst ein kurzer Überblick über die Herausforderungen gegeben werden, welchen sich das Projektteam stellte.

1. Die Produkte von AXA sind im Vergleich zum Hauptwettbewerber nahezu identisch und generell recht komplex und schwer verkäuflich (s. Abschn. 12.2.1 „Ist-Wertekurve“). Die Gesundheitsprüfung zum Abschluss einer Pflegezusatzversicherung ist aus Sicht des Vertriebs die größte Barriere bei der Kundenansprache und gleichzeitig ein hoher Kostenfaktor (s. Abschn. 12.2.2 „4-Aktionen-Raster“).

Abb. 12.2 Ausgabenentwicklung der Pflegeversicherung von 2006 bis 2014. (In Anlehnung an BMG 2015)

2. Die Aufwände für den Verkauf einer Pflegezusatzversicherung sind im Vergleich zum übrigen Portfolio sehr hoch bei oftmals geringer Abschlussquote. Die Bereitschaft zum Verkauf von Pflegezusatzversicherungen war daher im Vertrieb (eigene Vermittler und auch Makler) sehr gering ausgeprägt. Es galt daher, nicht nur die Kunden mit neuen Lösungen zu überzeugen, sondern auch die Vertriebler als erste „Abnehmer“ (s. Abschn. 12.2.3 „Day-in-the-life-of“ [DILO]).

3. Die Produkte sind besonders für junge Menschen unattraktiv, da eine Pflegebedürftigkeit gedanklich in weiter Ferne liegt und mit einem hohen Alter verbunden wird. Des Weiteren ist das Thema der Pflegebedürftigkeit für Unternehmen bisher irrelevant (s. Abschn. 12.2.4 „Erschließen von Nichtkunden“).

Methoden und Ergebnisse

Bei der Entwicklung einer Blue Ocean Strategy® (BOS) mit dem Ziel, die Marktführerschaft bei privaten Pflegezusatzversicherungen zu erreichen, kamen die BOS-Instrumente zum Einsatz: So wurde die Marktpositionierung im Vergleich zum Hauptwettbewerber mithilfe von Ist-Wertekurven analysiert und erste strategische Handlungsfelder abgeleitet. Zusätzlich wurden neue Insights und Ideenansätze generiert, unter anderem mit der DILO-Interviewtechnik im Rahmen der Marktexploration und dem „4-Aktionen-Raster“. Insights ist aus dem Englischen und heißt übersetzt „Einblick“ bzw. „Erkenntnis“. Insights werden in der Marketingwelt als neue und ungeahnte Perspektiven bzw. eine Interpretation von Charakteristiken, Präferenzen, Verhaltensweisen, Ansichten, Prozessen und Bedürfnissen verwendet. Sie basieren auf Beobachtungen und/oder Auswertungen von qualitativem und quantitativem Datenmaterial in der Marktforschung (Pluspedia 2015).

Die Ist-Wertekurve

Die Ist-Wertekurven-Analyse macht die strategische Ausgangssituation deutlich: Es existiert praktisch keine Differenzierung vom Hauptwettbewerber! Die strategischen Profile der Anbieter überlappen – es gibt austauschbare Angebote, keine Fokus- oder Divergenzpunkte (Abb. 12.3). Ein roter Ozean in einem noch jungen Markt! Fokuspunkte zeichnen sich dadurch aus, dass ein Unternehmen bei diesem Wettbewerbsfaktor besonders gut ist. Gleichzeitig ist es wichtig, dass sich ein Unternehmen auf einige wenige Wettbewerbsfaktoren als Fokuspunkte konzentriert, um die Vorzüge auch entsprechend kommunizieren zu können. Divergenzpunkte auf der anderen Seite zeigen die Abstände zum Hauptwettbewerber. Hier haben Unternehmen die Chance, sich vom Wettbewerb zu differenzieren. Eine Divergenz entsteht immer dann, wenn ein Unternehmen bei den Wettbewerbsfaktoren besonders gut ist, bei denen der Wettbewerb eher schwächelt. Gleichzeitig gilt es aber auch, bewusst zu Schwächen zu stehen. Oftmals haben sich bestimmte Wettbewerbsfaktoren als Branchenstandards etabliert, ohne dass sie beim Kunden einen besonderen Stellenwert genießen. Hier gilt es, mit den Branchenstandards bewusst zu brechen, um Komplexität zu reduzieren, und die eigentlichen Wertetreiber aus Kundenperspektive hingegen bewusst auszubauen. So wurden daher besondere Werte- und Kostentreiber identifiziert. Sie helfen dabei, die Fokus- und Divergenzpunkte zu entwickeln.

Abb. 12.3 Ist-Wertekurve im Bereich der Pflegezusatzversicherung

Das „Vier-Aktionen-Raster“

Schnell zeigte sich, dass die extrem detaillierte Gesundheitsprüfung eine der größten Barrieren bei der Kundenansprache ist und gleichzeitig einen hohen Kostenfaktor darstellt. Die Gesundheitsprüfung umfasste bis dato 17 Fragen, die aber nicht alle herangezogen werden konnten, um die Wahrscheinlichkeit eines zukünftigen Pflegefalls wirklich berechnen zu können. Sie wurden vielmehr aus dem bereits bewährten Katalog der privaten Krankenversicherung übernommen. Zudem empfanden die Kunden den Prozess der Gesundheitsprüfung als unangenehm sowie langwierig und zu komplex. Für den Vertrieb stand der Aufwand meist nicht in einem positiven Verhältnis zum Nutzen. So wurden zwar vermeintlich bessere Versicherungsnehmer aufgenommen, bei vielen potenziellen Kunden kam es aber aufgrund der Gesundheitsfragen erst gar nicht zu einem Antrag. Zusätzlich musste eine ganze Abteilung zur Prüfung der Gesundheitsfragen unterhalten werden. Im Gegensatz zur Krankenversicherung ist eine derart detaillierte Prüfung des Gesundheitszustandes bei Pflegeversicherungen aber gar nicht nötig, sondern hatte sich zu einem nicht hinterfragten Branchenstandard entwickelt. Durch Expertengespräche, unter anderem mit Professoren der Charité Berlin, wurde herausgefunden, dass die Prüfung des Gesundheitszustandes bei Pflegeversicherungen in dieser Form nicht zielführend ist, da Gesundheitsaspekte (wie z. B. Sehschwäche, Rückenbeschwerden) abgefragt wurden, die keinerlei Indikation für eine mögliche spätere Pflegebedürftigkeit haben. Hier wurde nun massiv optimiert: Die neue Gesundheitsprüfung umfasste statt 17 Fragen nur noch zwei Fragen – für Kunden und Vertrieb eine massive Nutzensteigerung und intern eine nachhaltige Komplexitäts- bzw. Kostenreduktion im Policierungs-Prozess, da die Versicherung nun zum Festpreis angeboten wird und im Vertriebsinnendienst somit keine Kalkulation mehr notwendig war (Abb. 12.4).

„Day-in-the-life-of“-Interviewtechnik (DILO)

Auch hier wurde der Pfad der klassischen Wettbewerbsstrategien verlassen. Stattdessen ging man mit Kunden und Nichtkunden in einen Dialog (DILO) und erforschte bis dahin unbefriedigte und dem Unternehmen unbekannte Bedürfnisse. Man interviewte Menschen, die einen Pflegefall in der Familie haben und fragte, wie diese die Situation erlebt haben, als der Pflegefall eintrat und fand dabei heraus, dass den Kunden alles, was vor und nach der eigentlichen Leistung – dem Bezahlen des Pflegegeldes – anstand, meist wichtiger war (Abb. 12.5).

Abb. 12.4 VIer-Aktionen-Raster angewandt auf das Pflegezusatzversicherungsprojekt
Abb. 12.5 Ausgewählte Zitate im Rahmen der „Day-in-the-life-of“-Interviews

Viele Kunden sagten: „Das Geld ist zunächst zweitrangig, wichtig ist die Hilfe im Notfall – dass sich jemand kümmert.“ Die Kunden wünschten sich z. B. Unterstützung beim Ausfüllen der Anträge und beim Einsatz des Geldes. So wurde eine Zusatzoption zur klassischen Pflegezusatzversicherung entwickelt, mit der die Kunden Zugriff auf eine Art „Pflege-ADAC“ haben, der beim Eintritt des Pflegefalls da ist und unterstützt.

Erschließen von Nichtkunden

Unternehmen sind als Zielgruppe in der Versicherungsbranche keine Seltenheit, bei der privaten Pflegezusatzversicherung standen jedoch ausschließlich Endkunden im Fokus. Die Nichtkunden-Gruppe der Unternehmen ist aufgrund des großen Marktpotenzials jedoch überaus attraktiv und so wurden die Bedürfnisse von Unternehmen als potenzielle Kunden einer privaten Pflegezusatzversicherung untersucht. Im Ergebnis wurde ein neues Pflegeprodukt für Unternehmen entwickelt, das ansetzt, wenn Mitarbeiter vom Unternehmen freigestellt werden müssen, wenn sie sich in der häuslichen Pflege um Angehörige kümmern möchten (Familienpflegezeitgesetz). Hier entstehen mehrere Vorteile für das Unternehmen Abb. 12.6:

1. Ein Unternehmen kann sich als Arbeitgeber differenzieren und (potenziellen) Mitarbeitern ein Extra bieten, welches das Unternehmen wenig kostet, den Mitarbeitern aber einen großen Nutzen bietet. Vor allem beim Eintritt eines Pflegefalls werden Mitarbeiter die Unterstützung durch den Arbeitgeber sehr schätzen.

2. In Deutschland haben Arbeitnehmer, die einen nahen Angehörigen pflegen wollen, seit dem 1. Juli 2008 nach dem Familienpflegezeitgesetz (Artikel 3 des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung, BGBl. I S. 874, 896) unter bestimmten Voraussetzungen einen Rechtsanspruch, bis zu zehn Tage der Arbeit fernzubleiben und zusätzlich für eine bis zu sechs Monate dauernde Pflegezeit freigestellt zu werden. Dementsprechend ist auch dem Unternehmen daran gelegen, den Mitarbeiter optimal beim Einrichten der Pflegesituation zu unterstützen. So können nicht nur dem Mitarbeiter Sorgen genommen, sondern auch ein baldiges Rückkehren an den Arbeitsplatz gewährleistet werden. Mit der Nichtkunden-Analyse konnten Unternehmen als eine neue Zielgruppe identifiziert werden, die bis dahin nicht im Fokus für private Pflegezusatzversicherungen standen. Mit der Ansprache von Unternehmen sollte es gelingen, eine völlig neue Zielgruppe durch den Vertrieb aufwandsarm anzusprechen, ohne sich dem üblichen Preiskampf auszusetzen. Im Sinne der Nichtkundenorientierung sollten nicht nur Unternehmen als Kunden gewonnen werden, sondern auch jüngere Zielgruppen zum Beispiel mit der Pflegevorsorge Flex. Dies ist ein vollflexibler, online abschließbarer und günstiger Pflegetarif,

Abb. 12.6 Darstellung der Kernzielgruppen sowie Nichtkunden Gruppen für Pflegezusatzversicherungen. (Quelle: in Anlehnung an Statistisches Bundesamt 2006; AXA Präsentation „Marktforschung und Segmentierung“; AXA Präsentation „IFK Marktvermessung“)

der sich insbesondere an jüngere Zielgruppen richtet (Megatrend Digitalisierung). Dieser Tarif ist ideal für all jene, die zwar vorsorgen, dabei aber flexibel bleiben möchten. Mit Flex bietet AXA die bislang noch seltene Möglichkeit, jede Pflegestufe einzeln nach persönlichem Wunsch mit einem unterschiedlichen monatlichen Pflegegeld zu versichern. Wer zunächst nur Pflegestufe III absichern möchte, hat nach Ablauf von fünf Jahren die Möglichkeit, ohne erneute Gesundheitsprüfung auch die Pflegestufen I und II abzudecken. Des Weiteren entstand das Angebot FamilyFit, das generationsübergreifend einen Pflegeschutz für die gesamte Familie bietet – von den Großeltern über die Eltern bis zu den Kindern – weil Pflegebedürftigkeit immer die ganze Familie betrifft. Erstmals auf dem Versicherungsmarkt damit ein Pflegeergänzungsprodukt geschaffen, bei dem die Familie als Ganzes berücksichtigt und in einer Versicherungslösung gemeinsam abgesichert wird. Dabei kann jedes versicherte Familienmitglied nach dem individuellen Bedarf entscheiden, in welcher Höhe das monatliche Pflegegeld vereinbart wird. Es gilt gleichermaßen für alle drei Pflegestufen. Kommt es zum Pflegefall, wird das vereinbarte Pflegegeld in vollem Umfang ohne Kostennachweise gezahlt. Die zu pflegende Person ist von den Beitragszahlungen befreit. Kinder sind bis zum Alter von 15 Jahren über ihre Eltern beitragsfrei für eine monatliche Leistung in Höhe von 500 EUR mitversichert. Als Ergänzung für die Produkte Pflegevorsorge FamilyFit und Flex bietet sich Pflegevorsorge Akut an (Presseportal 2015). Denn neben der finanziellen Unterstützung, die bei Eintritt eines Pflegefalls benötigt wird, wünschen sich viele Versicherungsnehmer auch praktische Soforthilfe. Gerade in der Anfangszeit, wenn die Pflegesituation noch neu ist, muss viel organisiert und entschieden werden. Folgende Fragen müssen im Ernstfall beantwortet werden: „Welche Umbauten stehen nun für die eigenen vier Wände an? Wie beantrage ich die Einstufung in eine Pflegestufe? Wer übernimmt die Pflege?“. Damit sich Betroffene nicht allein gelassen fühlen, bietet AXA mit Pflegevorsorge Akut eine Tag und Nacht erreichbare Hotline für dringende Fragen. Darüber hinaus kümmert sich AXA auf Wunsch um die Vermittlung eines Pflegeheimplatzes oder Pflegedienstes innerhalb von 24 h. Da es mitunter einige Wochen dauern kann, bis die Pflegestufe festgestellt wird, erhält der Versicherte während der ersten drei Monate nach Feststellung der Pflegebedürftigkeit durch den Hausarzt auch praktische Alltagshilfen. Bis zu einem Betrag von insgesamt 2500 EUR übernimmt AXA die Kosten für Dienstleistungen wie Essen auf Rädern, einen Fahrdienst oder eine Nachtwache (AXA 2015b).

Raus aus dem roten Ozean mit der AXA Pflegewelt

Hier schließt sich der Kreis. Mit dem Internetportal AXA Pflegewelt, welches zu Beginn des Kapitels detailliert beschrieben wurde, ist ein wichtiger erster Baustein für einen blauen Ozean geschaffen worden, der komplett auf Positionierung als Experte durch Content und nicht auf Verkauf fokussiert und damit einzigartig ist. Gleichzeitig ist dies ein Ausbruch aus dem Branchenstandard und eine klare Differenzierung zu den Wettbewerbern wie aus der sogenannten Soll-Wertekurve zu ersehen ist (Abb. 12.7).

Abb. 12.7 Soll-Wertekurve

Erfolge und Lessons Learned

Mithilfe der Blue Ocean Strategy® konnte bereits 2009/2010 dieser junge, hart umkämpfte Markt innovativ erobert werden. Alle zuvor angewandten klassischen Wettbewerbsstrategien griffen zu kurz. Ausschließlich das Pflegeergänzungsprodukt „Family- Fit“ scheint für diesen Markt noch zu innovativ zu sein. Zu „innovativ“ bedeutet in diesem Fall, dass die Zeit für dieses Produkt noch nicht reif ist, da es im Gegensatz zu anderen Produkten pflegestufenunabhängig ist. Die Anwendung der Blue Ocean Strategy® und das konsequente Durchlaufen des Prozesses hat die Innovationskultur von AXA in der neuen Art, Märkte zu betrachten und Angebote zu entwickeln, sehr positiv beeinflusst. AXA konnte aus dem Branchenstandard mit komplizierten, schwer verkäuflichen Produkten ausbrechen und sich hin zu hoch innovativen neuen Angeboten entwickeln. Gleichzeitig konnten zudem die Kosten durch neue Prozesse in der Vertragsabwicklung sowie durch deutlich vereinfachte Produktmodelle signifikant reduziert werden. Die Komplexität in diesem hochdynamischen Wettbewerbsumfeld wurde erfolgreich reduziert und neue Geschäftsmodelle konnten entwickelt werden. Branchenübliche Prozesse (auch in anderen Bereichen des Unternehmens) werden seitdem systematisch hinterfragt. Das Kriterium „Blue Ocean®“ wurde in die Bewertungsschemata anstehender Projektvorhaben aufgenommen. Durch die konsequente Weiterentwicklung des Angebots mithilfe der Blue Ocean Strategy® gelang es AXA, die Marktgrenzen für diesen noch jungen Markt der Pflegezusatzversicherung frühzeitig für sich neu zu definieren, doppelt so schnell zu wachsen wie der Markt und neue Kunden im sechsstelligen Bereich zu gewinnen.

Buch

Dieser Artikel ist im Buch Die Blue-Ocean-Strategie in Theorie und Praxis erschienen.

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